...oder
wie viele Straßen wurden bisher mit EU-Zuschüssen in Griechenland gebaut? Zwei
müßige Fragen auf die es keine Antwort gibt. Vor allem das Thema Straßenbau
begleitet uns des öfteren auf unserer Reise. Von der neuen Flughafenautobahn,
durch die es jetzt möglich ist, statt wie früher in einer halben Stunde, in
einer Stunde im Zentrum von Athen zu sein, bis zum asphaltierten Eselpfad, der
plötzlich in der Höhe eines schicken Wochenendhäuschens endet...
Nun, Athen hat noch mehr zu bieten als in Bau befindliche Straßen. Genau genommen
sind es die Altstadt (Plaka) und die Akropolis. Ansonsten gibt es viel Lärm,
einen brauchbaren Park, de facto rush hour von 9.00 bis 22.00, in Ankündigung
der olympischen Sommerspiele 2004, vermehrt Baustellen
und schmutzige Luft - den berühmten Athener Smog. Angeblich stirbt jeder 4.
Athener an Erkrankungen der Atmungsorgane als direkte oder indirekte Folge der
Luftverschmutzung. Also, schnell rauf auf die Akropolis, die allemal einen Besuch
wert ist. Einerseits ist der abendliche Ausblick auf den Moloch Athen beachtlich
(hier wurde die Idee eines Smogfilters für die Kamera geboren), andererseits
ist die "obere Stadt" mit ihrem mythologischen Hintergrund sehr aufschlussreich
über die Götterwelt, die ja bekanntlich noch immer
unsere Geschicke waltet.
Die
Akropolis wird seit 1976 durchgängig restauriert, sodass leider kein Blick auf
die 2500 Jahre alten Gemäuer, Säulen und Statuen ohne Baugerüst möglich ist.
Unter Aufwendung höchst akrobatischer Künste und diverser Ablenkungsmanöver
der "Steinewächter" gelang es dann doch, einige antike Fotos zu erhaschen.
Traurig aber wahr, die schädlichen Umwelteinflüsse verwandeln Marmor in Gips
und somit ist es nur eine Frage der Zeit bis die Akropolis völlig zerbröselt.
Ein Tag Athen ist genug und weiter geht die Reise auf den Südpeleponnes. Dort
werden wir mit viel Herzlichkeit und einem griechischen Bauernsalat von unserem,
bereits Mitte der 70-er Jahre emigrierten, österreichischen Gastgeber, empfangen.
Unter der schattigen Weinlaube unserer traditionell blau-weiß gestrichenen Unterkunft
ergeben sich Überlegungen zu weiteren Unternehmungen nach dem Motto: "na
doume" (vgl. österr. "schauma ma"). Klar ist, dass wir keine
weiße Sandbucht suchen. Nicht dass es sie nicht gibt, allerdings heißt das:
entweder ein Boot chartern, schroffe Felswände hinunterklettern oder mit dem
Paragleiter in die Tiefe springen.
Mit einem Mietauto begeben wir uns auf Entdeckungsreise in das Hinterland. Was
die Natur hier auf dem Südpeleponnes, genauer in den Regionen Messinía, Arkadía
und in der berühmt berüchtigten Máni zu bieten hat, ist sagenhaft. Die Flora
und Fauna geizt keineswegs mit ihrer üppigen Vielfalt und es ist bald klar,
hier gibt es unzählige Fotomotive, die Griechenland von seiner weniger bekannten,
aber umso unberührteren, ursprünglichen Seite zeigen. Der Höhepunkt ist das
500 Jahre alte Männerkloster Moní Ágios Ioánnis Prodromoú in der Region Arkadía.
Der erste Anblick dieses, unter einem überhängenden Felsen gebaute Gebäude lässt
uns erstaunen. Auf langen, Gottvertrauen erfordernden Holzbalkonen hängt Wäsche
zum Trocknen, Wasser rauscht, die Vielfalt der Vogelstimmen erinnert an die
Tropen. Wider erwarten werden wir von den Mönchen mit bescheidener Herzlichkeit
begrüßt und auf einen griechischen Kaffee ins Klosterinnere eingeladen. Uns
selbst überlassen werden wir von der Stille, der Gelassenheit der Klosterbrüder
und der mystischen Atmosphäre eingefangen.
Dem
vorauseilenden Ruf der Máni folgend geht die Reise weiter und wir erkunden diesen
berühmten Mittelfinger des Südpeleponnes. Bald wissen wir worum es geht. Die
Landschaft und das sanfte Licht erinnert an die Toskana, an die Provence oder
an die Südsteiermark. Nur die Hügel sind schroffer. Die höchste Erhebung ist
der 2404 m hohe Óros Tay´getos, auf dem jetzt, Anfang Juni noch eindeutig Schnee
liegt. In der Luft liegt ein Kräuterduft, der das Herz eines jeden Asthmatikers
höher schlagen lässt. Ein Griff in den nächsten Buschen und der Salbeivorrat
für den kommenden Winter ist gesichert. Die unzähligen kleinen Festungen und
Turmbauten lassen erahnen wie tapfer die "Mánioten" den osmanischen
Eroberungsversuchen standhielten. Aufgrund ihres Stolzes, der Tapferkeit und
den an anarchistische Zustände erinnernden eigenen Gesetzte, werden sie auch
die Kreter des Festlandes genannt. So soll es noch bis zum Beitritt zur EU die
Blutrache gegeben haben. Böse Zungen behaupten, dass es für die Mánioten weiterhin
keine fremden Gesetze gibt...also Vorsicht, Leute.
Dem
EU-Modernisierungstrend trotzend, bleibt doch alles beim Alten. Die Männer sitzen
im Kafenion, die Katzen betteln bei Tisch, die Frauen tragen schwarz und die
Esel schwer. Uns sind die Götter wohlgesonnen und selbstvergessen bohren wir
im Lokal von Costas, der ein paar Stühle unter die Bäume am Strand gestellt
hat, unsere Zehen in den Sand, trinken Amstel Bier und hier stellt sich dann
auch die Frage...wie kommt das Salz ins Meer?
Text: Margareta Keiblinger
Fotos: Franz Peter Perc